Das Mädchen und das Einhorn lebten nach ihrem letzten gemeinsamen Abenteuer zusammen mit dem Einhorn-Hengst glücklich im Schloss Bad Homburg. Es gab auch schon ein Einhorn-Fohlen. Eines Tages ging der Einhorn-Hengst mit dem Fohlen auf Futtersuche, da trafen sie plötzlich auf einen Einhorn-Jäger! Ehe er sich’s versah, war er auch schon gefangen. Er rief zum Fohlen: „Schnell, Schatz, lauf nach Hause!“ Das Fohlen rannte so schnell es konnte zum Schloss. Das Mädchen galoppierte gerade auf dem Einhorn durch den Schlosspark, als es bemerkte, dass das Fohlen alleine aus dem Wald zurückgekehrt war. Das Fohlen rief verzweifelt: „Papa wurde am Hirschgarten von einem Jäger gefangen! Ich konnte in letzter Sekunde weglaufen!“ Das Mädchen erwiderte: „Ich werde ihn retten!“ Es rannte los zum Wald. Am Hirschgarten angekommen, sah es das Einhorn im Käfig, das von dem Jäger bewacht wurde. Der Hengst wieherte verzweifelt: „Bitte, hol‘ mich hier raus!“ Das Mädchen brüllte den Jäger an: „Lass mein Einhorn frei!“ Der Jäger antwortete: „Einhörner sind heutzutage wertvoll und selten. Wenn ich es dir wirklich zurückgeben soll, musst du zuerst den verschollenen Diamanten der bösen Königin finden und mir bringen, im Tausch gegen das Einhorn.“ Das Mädchen erschrak. Sie war die Einzige, die wusste, wo sich der Diamant befand. Er lag gut geschützt durch drei Bären in einer Bärenhöhle, in der sie während ihrer Zeit im Wald zusammen mit den Bären gelebt hatte, bevor sie in ihre Holzhütte gezogen war. Die Bären galten als ungeheuer gefährlich, doch das Mädchen beherrschte die Sprache der Tiere und hatte daher stets ein gutes Verhältnis zu ihnen. Die größere Herausforderung war jedoch der Weg zur Höhle. Seit ihrem Umzug ins Schloss hatten sich dort ein gefährliches Moor und ein Tümpel mit Piranhas aufgetan, der selbst für sie nicht ohne weiteres zu überwinden war. „Ich muss es versuchen!“, sagte das Mädchen und lief los.
Der Jäger konnte sein Glück kaum fassen. Sollte sein lange gehegter Wunschtraum doch noch in Erfüllung gehen? Schon immer hatte er davon geträumt, eines Tages in den Besitz des wertvollen Diamanten zu kommen…
Das Mädchen war am Moor angekommen und sah sich um. Es entdeckte einen verborgenen Pfad aus Grasbüscheln. Es hatte Glück, das Gras hielt sie, und sie lief vorsichtig auf die andere Seite des Moores. Da sah sie auch schon den Tümpel. Sie entdeckte zwei Schwäne und fragte sie, ob sie sie auf die andere Seite des Tümpels bringen könnten, denn bekanntermaßen sind Schwäne die einzigen Tiere, die von Piranhas nicht gefressen werden. Die Schwäne halfen bereitwillig und brachten das Mädchen ans andere Ufer des Tümpels, bis vor den Eingang der Bärenhöhle. Sie ging langsam hinein, damit sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnten, da hörte sie auch schon ein abscheuliches Brüllen und verstand „Wer wagt es, einen Fuß in diese Höhle zu setzen?“ Das Mädchen entgegnete mit zitternder Stimme: „Walter, Bobo, Rudolf, seid ihr es?“ Die drei Bären traten aus der Dunkelheit heraus. Sie erkannten das Mädchen wieder, und die vier fielen sich vor Wiedersehensfreude in die Arme. Die Bären fragten: „Was führt dich hierher? Willst du den Gefallen einlösen, den wir dir versprochen haben, nachdem du uns vor vielen Jahren als verwaiste Bärenjunge das Leben gerettet und uns aufgezogen hast?“ Das Mädchen nickte: „Ich brauche bitte den Diamanten der bösen Königin, den ihr bewacht, um meinen Freund zu befreien, der von einem Jäger gefangen genommen wurde.“ Die Bären überließen ihr den Diamanten bereitwillig und das Mädchen kehrte zum Hirschgarten zurück. Der Jäger traute seinen Augen kaum. Er nahm den wertvollen Stein an sich und ließ das Einhorn frei.
Er war so glücklich und dankbar, dass sein Wunschtraum in Erfüllung gegangen war, dass er sich schwor, nie wieder Einhörner zu jagen und fortan seinen neu gewonnenen Reichtum dazu zu verwenden, Gutes zu tun.
Das Mädchen wiederum sprang auf den Rücken des Hengstes und sie galoppierten glücklich und erleichtert zurück nach Hause. Als sie am Schloss ankamen, erzählten sie dem Einhorn-Fohlen und seiner Mutter bei einer Schüssel Haferbrei von ihrem Abenteuer. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.