Bad Homburg. Wie sieht die Zukunft der deutschen Innenstädte aus und was wünschen sich Innenstadtbesucher von ihren Stadtzentren? Diese zentralen Fragen liegen der bundesweiten Untersuchung „Vitale Innenstädte 2022“ zugrunde, die das unabhängige und renommierte Kölner Institut für Handelsforschung (IFH KÖLN) im Herbst 2022 bereits zum fünften Mal in 111 deutschen Innenstädten durchgeführt und an der sich die Stadt Bad Homburg v. d. Höhe nach 2016 zum zweiten Mal beteiligt hat. Die Ergebnisse der Studie liegen nun vor.
Dabei wurde die Bad Homburger Innenstadt von ihren Besucherinnen und Besuchern äußerst positiv bewertet und erhielt in fast allen Bereichen die Schulnoten 1 bis 2. Damit hat sich das Ergebnis der Umfrage im Vergleich zu den Prä-Pandemie-Daten aus dem Jahr 2016 deutlich verbessert.
„Die Ergebnisse der Studie sind absolut erfreulich. Die Bad Homburger Innenstadt überzeugt als Einkaufsstadt. Darauf werden wir weiter aufbauen: Die Studie liefert uns für die Weiterentwicklung der City wichtige Impulse. Zudem ist sie auch eine Bestätigung unserer bisherigen Arbeit. Auf Basis dieser aktuellen und repräsentativen Zahlen werden wir dafür sorgen, dass unsere Innenstadt weiterhin attraktiv und lebenswert bleibt“, erklärte Oberbürgermeister Alexander Hetjes dazu.
In der Kurstadt hatten im Herbst vergangenen Jahres rund 600 Passantinnen und Passanten an verschiedenen Donnerstagen und Samstagen Einblick in ihr Einkaufsverhalten, ihre Wünsche und Anforderungen sowie die allgemeine Besucherstruktur und Erreichbarkeit der Innenstadt gegeben. Um die daraus gewonnen Daten vergleichbar zu machen, wurde Bad Homburg andere Städte mit einer Einwohnerzahl zwischen 50.000 und 100.000 zur Seite gestellt. In Auftrag gegeben hatten die Studie das Citymanagement und die Wirtschaftsförderung der Stadt Bad Homburg.
Insgesamt wurden für die Untersuchung von September bis Mitte November 2022 insgesamt 68.651 Passanten in 111 deutschen Innenstädten zu ihrem Bild von Stadt, öffentlichem Raum, Handelsangebot, Erreichbarkeit und Stadtentwicklung vor Ort befragt. Die Datenerhebung erfolgte anhand eines einheitlichen Fragebogens.
„Womit punktet die eigene Stadt? Welche Angebote wünschen sich Besucherinnen und Besucher (künftig)? Die Untersuchung ,Vitale Innenstädte‘ hilft Kommunen dabei, die eigenen Stärken und Schwächen aus Besuchersicht zu identifizieren und damit eine wichtige Grundlage für optimierende Maßnahmen zu schaffen“, erklärt Dr. Markus Preißner, wissenschaftlicher Leiter am IFH KÖLN.
Zu den Ergebnissen der Studie im Einzelnen:
Bestnoten mit Blick auf Attraktivität und das Angebot
Die „Gesamt-Attraktivität“ der Bad Homburger Innenstadt wurde mit einer Durchschnitts-Schulnote von 2,1 bewertet – allein 77,3% der Befragten hatten diese mit sehr gut oder gut bewertet. Dies stellt einen überdurchschnittlichen Wert innerhalb der Vergleichsgruppe dar (Durchschnittswert der Vergleichsgruppe: 2,4). Damit steigert sich Bad Homburg deutlich im Vergleich zur Teilnahme an „Vitale Innenstädte 2016“, als eine Durchschnittsnote von 2,4 erreicht wurde. Der Anteil der Besucher, der die Innenstadt mit der Schulnote 1 bewertet, hat sich gegenüber 2016 sogar verdoppelt.
Mit Blick auf die „Aufenthaltsqualität“ in der Bad Homburger Innenstadt sowie dessen „Ambiente und Flair“ wurden ebenso gute Noten verteilt. Zu bewertende Aspekte waren unter anderem die Grünflächen, Lebendigkeit, Sicherheit, Touristische Attraktivität / Sehenswürdigkeiten, Familienfreundlichkeit oder auch Gebäude & Fassaden. In allen Kategorien hat Bad Homburg besser als die Vergleichsgruppen abgeschnitten.
Die Ergebnisse im Bereich „Erreichbarkeit und Mobilität“ fallen differenzierter aus. So wurden zwar von den Befragten die Aspekte „ÖPNV“ sowie „Freundlichkeit für Fußgänger und Fahrradfahrer“ gelobt (Schulnoten 1,9 bis 2,3). Die Parkmöglichkeiten (Schulnote 3) und die „Allgemeine Autofreundlichkeit“ (Schulnote 2,9) wurden jedoch nur als durchschnittlich innerhalb der Vergleichsgruppe eingeschätzt. Darüber hinaus wurden das Einzelhandelsangebot bzw. die einzelnen Sortimente wie Bekleidung, Bücher, Lebensmittel abgefragt, die in allen Sparten überdurchschnittlich gut abschnitten (Noten von 1,8 bis 2,2). „In Anbetracht der Tatsache, dass Handel, Gastronomie und Kultur die schwierigste Zeit seit vielen Jahrzehnten zu überstehen haben, sind die Ergebnisse mehr als bemerkenswert“, fasst Citymanagerin Tatjana Baric zusammen und ergänzt: „Die Studie zeigt, dass der Handel in allen Bereichen gut aufgestellt ist, und wir die Voraussetzungen einer vielfältigen, lebendigen und wirtschaftlich gesunden Innenstadt erfüllen.“
Der Handel lockt die Menschen in die Innenstadt
Die Studie gibt zudem Antworten auf die Frage, was Gäste der Innenstadt dazu motiviert, nach Bad Homburg zu kommen („Warum sind Sie heute in die Innenstadt gekommen?“). Die Antwort fiel deutlich aus: Einzelhandel, Gastronomie sowie Freizeit- und Kulturangebote locken die Menschen in die City. 64,3 % der Befragten gaben demnach Shopping als Hauptanlass für ihren Stadtbesuch an. Die Gastronomie war für 53,4 % der Befragten Grund für den Weg nach Bad Homburg, der Ortsgrößenvergleich liegt deutlich drunter bei 38,7%. Das Freizeit‐ und Kulturangebot hat 23,1 % der Menschen in die Innenstadt gelockt (Ortsgrößenvergleich 11,8).
Verändertes Einkaufsverhalten: Allerdings ist auch in Bad Homburg ein verändertes Einkaufsverhalten durch die Möglichkeiten des Online-Shoppings spürbar. Zwar geben 60 % der Befragten an, durch das Online-Shopping unverändert die Innenstadt zum Einkaufen zu besuchen, jedoch führt Online-Shopping bei 40 % dazu, dass sie die Innenstadt aufgrund des Online-Angebots seltener besuchen. Die Mehrheit der Befragten nutzt den Innenstadtbesuch dann aber doch, um gleich mehrere Geschäfte aufzusuchen. Allerdings gaben auch 17,6 % der Befragten an, gar kein Geschäft zu besuchen.
Erfreulich ist die Entwicklung der Kurzbesucher, deren Anteil sich gegenüber 2016 verringert hat. Bei 58,4 % der Besucher liegt die Verweildauer in der Innenstadt unter zwei Stunden, 2016 waren es noch 66,9 %, hier liegt Bad Homburg in etwa im Ortsgrößendurchschnitt.
Viele kommen von auswärts: Die aktuelle Studie zeigt deutlich, dass das Einzugsgebiet Bad Homburg in der Region an Bedeutung gewinnt und dass eine intensive Verflechtung zwischen Bad Homburg und der Region besteht: Mit knapp 50 % der Befragten kamen fast die Hälfte der Besucher von außerhalb. An Samstagen überwiegen die Besucher von außerhalb. Der Anteil der Befragten, die außerhalb von Bad Homburg wohnen, liegt dabei um 10% höher als in der Befragung von 2016 und deutlich höher als im aktuellen Ortsgrößendurchschnitt von 38.
Samstags kommen die meisten mit dem ÖPNV in die Innenstadt: Die Anreise mit dem ÖPNV nimmt gerade für Besucherinnen und Besucher von außerhalb eine große Bedeutung ein. Insgesamt sind 28,7 Prozent der Befragten mit dem Nahverkehr in die Bad Homburger Innenstadt gekommen – ein Plus von 6 % im Vergleich zu 2016 und 10 % mehr als der Durchschnitt der anderen Teilnehmerstädte mit mehr als 50.000 Einwohnern. Knapp 20 % wählen Fahrrad/E-Bike als bevorzugtes Verkehrsmittel, auch hier hat sich der Anteil der Fahrradfahrer gegenüber 2016 fast verdoppelt. Lediglich 29,4 % der Befragten sind mit dem Auto oder dem Motorrad nach Bad Homburg gekommen – das sind 11 % weniger als 2016 und sogar 15 % weniger als im Schnitt der anderen Großstädte.
Bad Homburgs Innenstadtbesucher werden deutlich jünger: Lag das Durchschnittsalter der befragten Innenstadtbesucher 2016 noch bei 52,3 Jahren, sind die Besucherinnen und Besucher der Bad Homburger Innenstadt jünger geworden, der Schnitt lag 2022 bei 44 Jahren. Mit diesem Wert liegt Bad Homburg unter dem Ortsgrößendurchschnitt (46,8 Jahre).
Hohe Weiterempfehlungsquote für Innenstadt: Abschließend wurden die Befragten gebeten, auf einer Skala von 0 bis 10 anzugeben, mit welcher Wahrscheinlichkeit sie einen Besuch der Innenstadt ihren Freunden oder Bekannten weiterempfehlen würden. Knapp ein Drittel der Befragten gab an, die Innenstadt weiterzuempfehlen. Auch hier liegt der Weiterempfehlungswert in Bad Homburg deutlich über dem Ortsdurchschnitt.
„Das Thema Weiterempfehlung ist für Innenstädte nicht zu unterschätzen und ein wichtiger Hebel, um nachhaltig Gäste zu gewinnen. Die wichtigsten Einflussfaktoren für eine Weiterempfehlung sind Aufenthaltsqualität, Ambiente und Flair sowie Stadtgestaltung und touristische Attraktivität. Für Kommunen bedeutet das: Anhand dieser Faktoren aktiv strategische Maßnahmen ableiten und umsetzen“, so Dr. Markus Preißner.
Das Resümee von Oberbürgermeister Hetjes fällt positiv aus: „Die Studie hat es bestätigt: Bad Homburg ist eine lebenswerte Stadt mit einer attraktiven und funktionalen Innenstadt. Die Menschen kommen gerne in die City und bewerten sowohl das Angebot als auch das Stadtbild positiv. Es gilt jetzt, die Rahmenbedingungen weiter zu verbessern, wie etwa die Verkehrsanbindung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln und Fahrradwege weiter auszubauen und die touristische Infrastruktur mit gezielten Maßnahmen weiter zu unterstützen.“ Auch Citymanagerin Tatjana Baric warnt mit Blick auf das veränderte Einkaufsverhalten und die gestiegene Onlineaffinität davor, sich auf den guten Ergebnissen auszuruhen. „Die Besucherinnen und Besucher wollen Essen oder ins Café gehen, flanieren oder kulturelle Angebote wahrnehmen. Der Innenstadtbesuch entwickelt sich immer weiter zu einem Element der Freizeitgestaltung. Daher gilt es jetzt, die Innenstadt weiterzuentwickeln, in der die Besucher eine abwechslungsreiche Mischung aus Handel, Gastronomie, Kultur und Sightseeing‐Möglichkeiten finden“, so Baric.
Über das IFH KÖLN
Als Brancheninsider liefert das IFH KÖLN Informationen, Marktforschung und Beratung zu handelsrelevanten Fragestellungen rund um eine erfolgreiche Gestaltung der Zukunft und der Entwicklung passender Geschäftsmodelle. Das IFH KÖLN ist erster Ansprechpartner für unabhängige, fundierte Daten, Analysen und Strategien, die Unternehmen und Handelsstandorte erfolgreich und zukunftsfähig machen. Durch die Betrachtung von Märkten, Kunden und dem Wettbewerb, bietet das IFH KÖLN einen 360°-Blick für die Strategieableitung bei handelsrelevanten Themen. In maßgeschneiderten Projekten werden Kunden bei strategischen Fragen rund um Digitalstrategien, bei der Entwicklung neuer Märkte und Zielgruppen oder bei Fragen der Kanalexzellenz unterstützt. Mit der Tochtermarke ECC KÖLN ist das IFH KÖLN seit 1999 im E-Commerce aktiv und widmet sich dem Community- und Knowhow-Transfer für die Digitalisierung im Handel. Mehr unter: www.ifhkoeln.de
Zur Untersuchung
Für die Untersuchung „Vitale Innenstädte“ wurden in 111 teilnehmenden deutschen Städten aller Größen und Regionen Innenstadtbesucher:innen zu ihren Einkaufsgewohnheiten und der Attraktivität der Innenstadt befragt. Die Datenerhebung erfolgte zwischen Mitte September und Mitte November 2022 anhand eines einheitlichen Fragebogens. Insgesamt sind so rund 69.000 persönliche Interviews geführt worden. Bei der Bewerbung der Umfrage auf Seiten der Städte und Gemeinden haben die Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland e. V. (bcsd), der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK), der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB), der Handelsverband Deutschland (HDE) sowie weitere lokale Partner unterstützt.
Über Dr. Markus Preißner
Als wissenschaftlicher Leiter am IFH KÖLN analysiert und interpretiert Dr. Markus Preißner Konsumentenverhalten, Marktentwicklungen und Megatrends im Kontext des Handels und der Innenstädte.