Am 1. April 1933 erreichte die systematische Kampagne des NS-Staates gegen jüdische Geschäftsinhaber einen ersten Höhepunkt. Ziel war die geplante Verdrängung von Juden aus dem Wirtschaftsleben. Begonnen hatten die gezielte Hetze und die Angriffe auf jüdische Geschäfte bereits in der Weimarer Republik. Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten wurden sie verstärkt. Als Reaktion auf die Kritik dieser antijüdischen Maßnahmen aus dem Ausland wurde ein „Zentralkomitee zur Abwehr der Gräuel- und Boykotthetze“ gegründet. Am 1. April 1933 wurden SA-Posten vor jüdischen Geschäften aufgestellt, die nichtjüdische Kunden am Betreten hindern sollten. Die jüdischen Geschäftsinhaber wurden boykottiert, unter Druck gesetzt, teilweise verhaftet, kriminalisiert und zum Verkauf ihrer Geschäfte gezwungen.
Doch „Arisierung“ bedeutet weit mehr als die Übernahme jüdischer Geschäfte durch „Arier“, sondern war mit der systematischen Ausschaltung von Juden aus dem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben verbunden. In die staatlich legitimierte Enteignung und Ausplünderung waren zahlreiche Institutionen eingebunden, so die Finanzämter oder die Banken. Die Referentin wird anhand von Beispielen aus der Region die Folgen für die jüdische Bevölkerung aufzeigen.
Angelika Rieber ist Vorsitzende des Vereins Projekt Jüdisches Leben in Frankfurt. Von 2001 bis 2024 war sie im Vorstand der GCJZ Hochtaunus engagiert, zuletzt als Vorsitzende. Die Historikerin ist Mitglied der Kommission zur Geschichte der Juden in Hessen. Seit Ende der 70er Jahre erforscht Angelika Rieber die Lebenswege und Schicksale jüdischer Familien aus Frankfurt und der Rhein-Main-Region. Besondere Schwerpunkte ihrer Arbeit: Christen jüdischer Herkunft, Kindertransporte, Emigration in die Türkei, Begegnungen mit Zeitzeugen der NS-Zeit und den nachfolgenden Generationen, „Arisierung“. In zahlreichen Publikationen hat sie Ergebnisse und Erfahrungen ihrer Arbeit veröffentlicht.